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FREMO - DIGITAL: NMRA-DCC - die bessere Alternative

FREMO-NMRA-DCC - was ist das?

von Reinhard Müller



Nachdem Wolfgang Deutschmann im letzten Heft das Selectrix-System vorgestellt hat, soll hier das Digitalsystem vorgestellt werden, das 1998 bereits auf 10 FREMO-Treffen eingesetzt wurde: FREMO-NMRA-DCC.

Was bedeutet FREMO-NMRA-DCC?

Zäumen wir das Pferd von hinten auf: DCC steht für "Digital Command Control", wörtlich übersetzt also "digitale Befehlssteuerung", oder kurz "digitale Steuerung". Auch wenn der Begriff sehr allgemein gehalten ist, wird die Abkürzung DCC meist nur in Verbindung mit der NMRA-Norm verwendet.

Die NMRA (National Model Railroad Association) ist der Zusammenschluß amerikanischer Modellbahner und Vereine. Dieser Verband hat 1995 ein Digitalsystem genormt, das auf dem von der Fa. Lenz entwickelten Format aufbaut, aber über das damalige Digital-plus-System hinausgeht. Bei den Normen werden "Standards" und "Recommended Practices" (RPs) - also "Ausführungsempfehlungen" - festgelegt. Die Übersetzung des Begriffes RPs ist in diesem Fall irreführend, denn: Falls eine in den RPs enthaltene Funktion oder Eigenschaft in einem Digitalsystem implementiert wird, muß dies genau so erfolgen, wie dort beschrieben. Die RPs sind soweit also bindend! In den Standards werden nur die Dinge festgelegt, die ein konformes System besitzen muß.

Mit FREMO-NMRA-DCC bezeichnen wir die Umsetzung dieser NMRA-DCC-Norm für den FREMO. Die Norm läßt Freiräume und es ist bei weitem nicht alles fest definiert. Der bisher durchgeführte FREMO-Betrieb basiert auf dem möglichen Einsatz aller NMRA-kompatibler Dekoder, dem LocoNet® als Eingabebus und dem FRED als Handregler, der vorzugsweisen Verwendung langer Adressen und optoisolierter Booster sowie weiterer, selbstentwickelter Geräte. Auf diese Punkte möchte ich im Folgenden näher eingehen, wobei ich mit dem wichtigsten Punkt, dem Eingabebus, beginnen möchte.

Der Eingabebus und die Zentrale

Mit der Entscheidung für einen Eingabebus bindet man sich zunächst auch an einen Hersteller für die Zentrale. Diese sollte es erlauben, alle bei NMRA-DCC möglichen Adreß- und Fahrstufenmodi gleichzeitig zu verwenden. Dies ist eine wichtige Forderung, damit alle NMRA-konformen Dekoder gleichzeitig betrieben werden können, ohne daß leistungsfähigere Dekoder mit weniger Fahrstufen oder kurzen Adressen angesprochen werden müssen.

Nachdem verschiedene Eingabebusse und die dazugehörigen Zentralen betrachtet wurden, fiel die Entscheidung zugunsten des von der Firma Digitrax entwickelten LocoNet®. Aufgrund seiner elektrischen Auslegung und des verwendeten Protokolls ist dieser Bus sehr leistungsfähig und fast beliebig erweiterbar. Die von uns verwendete Zentrale ist die leistungsfähigste von Digitrax und hört auf den Namen "Chief".

Weitere Unterstützung erhält das LocoNet® durch die "Intellibox" der Fa. Uhlenbrock, die das LocoNet® sogar für den internen Datenaustausch verwendet. Damit steht ein weiterer Hersteller für die Zentrale zur Verfügung.

Der Aufbau der Busse

Entsprechend der Festlegung von Digitrax enthält das physikalische LocoNet® (LN) auch den mit Rail Sync (RS) bezeichneten Ausgabebus. Durch die gemeinsame Führung von Ein- und Ausgabebus in einem (LN-) Kabel ist es möglich, die Handregler aus dem Ausgabebus zu versorgen. Dafür muß das Rail Sync-Signal jedoch häufiger verstärkt werden, als würden nur die Booster als Last am Ausgabebus hängen. Der praktische Aufbau der Busse wurde bereits im Artikel über die LN-Boxen in Hp1 III/98 ausführlich erläutert.

Blockdiagramm von FREMO-NMRA-DCC (23K)

Bild 1: Aufbau von FREMO-NMRA-DCC in Anlehnung an das Blockdiagramm in Hp1 II/97. Beide Boostertypen können auf beide dargestellte Arten ans LokoNet® angeschlossen werden.

Die Handregler

Wichtig bei der Entscheidung für den Eingabebus war auch, daß die elektrischen Eigenschaften und das Protokoll soweit offen gelegt sind, daß eigene Entwicklungen möglich sind. Denn kein Hersteller hatte einen Handregler im Programm, der ähnlich handlich und einfach zu bedienen ist wie der analoge FREMO-Regler. Der Handregler von Digitrax sieht zwar relativ übersichtlich aus, seine Bedienung erfordert aber zu viel Einarbeitung als daß er von jedem problemlos zu bedienen wäre. Zudem ist er mit den winzigen Drehknöpfen auch nicht übermäßig ergonomisch.

Stefan Bormann und Martin Pischky haben daher frühzeitig mit der Entwicklung eines eigenen Handreglers begonnen. Dieser hat unter dem Namen FRED (siehe Hp1 III/98) einen wesentlichen Anteil am Erfolg von NMRA-DCC im FREMO, daher an dieser Stelle einen besonderen Dank an die Entwickler. Inzwischen wurden mehr als 300 Platinen gefertigt; wenn aus allen ein FRED geworden ist, wird es insgesamt mehr als 350 FREDs im Verein geben. Die anfänglichen, technischen Probleme, die in Lilienthal das "Rotkäppchen" erforderten, wurden inzwischen gelöst. Nach einem Erfahrungsaustausch in Schalksmühle konnte der zuletzt in Ennigerloh gesichtete "Rotkäppchenteufel" vertrieben werden.

Lange Adressen

NMRA-DCC erlaubt im Gegensatz zu den bei anderen Digitalsystemen üblichen zweistelligen Fahrzeugadressen die Verwendung vierstelliger, sogenannter "langer" Adressen. Damit ist es möglich, jedem Fahrzeug im FREMO eine Adresse fest zuzuweisen. Es ist nicht erforderlich, bei jedem Treffen eine Liste mit den im Einsatz befindlichen Fahrzeugen und den dafür vergebenen Adressen zu führen. Die feste Adresse kann zudem auf der Lokkarte vermerkt sein. Auch überfüllte Bw's, die durch das digitale Fahren erst mit vertretbarem Aufwand realisierbar sind, stellen kein Problem dar, denn die Anzahl der auf dem Arrangement befindlichen Fahrzeuge ist praktisch unbegrenzt.

Natürlich ist die lange Adresse nicht Pflicht. Es kann jeder NMRA-konforme Dekoder verwendet werden. Wer aber kurze Adressen verwendet, muß selbst bei jedem Treffen sicherstellen, daß keine Adresse mehrfach verwendet wird. Die Liste der Dekoder, die keine langen Adressen zulassen, wird aber immer kürzer, so daß kaum noch ein Grund besteht, nicht die empfohlenen, langen Adressen zu verwenden.

Die galvanische Trennung bei Boostern

Bei Boostern ohne galvanische Trennung fließt bereits dann ein Strom von einem Booster zum anderen, wenn ein Fahrzeug die Trennstelle nur einseitig überbrückt. Dieser Stromkreis schließt sich über den Ausgabebus und erzeugt damit Störungen, die nicht auf die betroffenen Boosterbezirke begrenzt sind. Um diese Störungsquelle auszuschließen, haben alle von uns selbstgebauten Booster eine galvanische Trennung. Daß diese Trennung Vorteile bietet, hat inzwischen auch Lenz erkannt: Der neue Lenz-Booster LV101 hat im Gegensatz zu seinem Vorgänger eine galvanische Trennung.*)

Digital selbstgebaut

In den vorigen Abschnitten ist bereits deutlich geworden, daß bei FREMO-NMRA-DCC vieles im Selbstbau entsteht. Zum einen spart das Geld, zum anderen finden unsere Vorstellungen und Wünsche Eingang ins System. Besonderes deutlich ist dieses beim FRED, wogegen die von Oliver Spannekrebs entwickelten Booster unter den Modulen eher im Schatten stehen. Die LN-Boxen sind ein Gemeinschaftswerk und kaum einzelnen Personen zuzuordnen. Ein LN-Tester wurde von Martin Pischky und Stefan Bormann entwickelt. Von Stefan Haack wurde ein einfacher Booster - der sogenannte Spax-Booster (SHMDBoost) - entwickelt, der unter ein Bahnhofsmodul "gespaxt" werden kann und von einem normalen Modellbahntrafo mit Spannung versorgt wird. Er hatte kürzlich in Bodmann seine Premiere und wird sich in Zukunft wohl standardmäßig unter vielen Bahnhöfen befinden.

Daneben werden unterschiedliche Ansätze für die Nutzung eines PCs als Zentrale verfolgt. Während die einfachste Lösung namens PCU (Primitive Central Unit) von Henner Meinhold und Mathias Hellmann (erst mal) nur das Schreiben (kein Lesen!) von Parametern und das Fahren über den PC erlaubt, entwickeln sich die von Oliver Spannekrebs (Frankenzentrale) und Stefan Haack (erweiterte PCU + LN-Interface) erdachten PC-Erweiterungen zu vollwertigen Zentralen, die auch das Lesen von Parametern und die Anbindung an das LocoNet® beherrschen. Beide verwenden dabei die von Rainer Keil entwickelte Software RKDCC. Die einzelnen Systeme werden in den nächsten Ausgaben des Hp1 näher beschrieben.

Wie geht es weiter?

Nach den bisherigen, guten Erfahrungen und der Begeisterung fürs digitale Fahren natürlich mit voller Kraft. Einerseits wird an allen Selbstbauprojekten weitergearbeitet und andererseits kommen weitere Komponenten wie ein LocoNet®-Repeater für Treffen größer als Hammelburg 1998 hinzu. Das wichtigste Ziel neben alledem ist jedoch die Verteilung der Systemkomponenten auf möglichst viele Leute, damit die künftigen Digitaltreffen nicht mehr vom Equipment eines "kleinen Grüppchens von Digitalos" abhängt.

Bei den FREDs erfolgt dieses mit einer - zumindest von mir - niemals erwarteten Eigendynamik, bei den "Stöpselboxen" und Kabeln sollte es auch klappen, zumal diese einfacher herzustellen und in der Anschaffung billiger sind. Da viele Mitglieder auch zu Hause digital fahren wollen, herrscht auch an Zentralen kein Mangel. Mit der Einführung der "Spax-Booster" dürfte auch bei den Boosteren bald eine mehr als ausreichende Versorgung sichergestellt sein. Damit sollte das Ziel erreicht sein, jederzeit und überall auch bei zeitgleichen FREMO-Treffen digital fahren zu können.


*) Da war ich einer Fehlinformation aufgessen: Alle von der Firma Lenz vertriebenen Booster einschließlich der ersten LV100 haben eine galvanische Trennung. Die in einigen frühen LV100 enthaltene Zusatzplatine verbessert das Abschaltverhalten bei einem Kurzschluss und hat nichts mit der galvanischen Trennung zu tun.



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